OLG Frankfurt vom 20.04.1999 (1 UF 247/98)

Stichworte: VA, Verzicht, Verweigerung der Genehmigung
Normenkette: BGB 1587o, 1587c
Orientierungssatz: Versorgungsausgleich bei höherem Lebensalter eines der Gatten

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

weiter beteiligt:

Landesversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz, Eichendorffstraße 4 - 6, 67346 Speyer (VersNr. 16 060346 F 527 und 52 090235 B 041),

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die befristete Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Ausspruch zum Versorgungsausgleich in dem am 21. 7. 1998 verkündeten Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht -Offenbach am Main am 20. April 1999 beschlossen

1. Die von den Parteien zu gerichtlichem Protokoll vom 26. 11. 1998 getroffene Vereinbarung über die Regelung des Versorgungsausgleichs wird nicht genehmigt.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

4. Beschwerdewert: 2.022,-- DM.

G r ü n d e :

Die Ehe der Parteien wurde durch Urteil vom 21. Juli 1998 geschieden und gleichzeitig der Versorgungsausgleich in der Weise durchgeführt, daß von dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Landesversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz auf das Versicherungskonto des Antragstellers bei dem gleichen Versicherungsträger Rentenanwartschaften aus der Ehezeit in Höhe von monatlich 168,56 DM übertragen wurden.

Gegen diese Entscheidung hat die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, die Durchführung des Versorgungsausgleich sei grob unbillig, weil sie weit überwiegend zum Unterhalt der Familie beigetragen habe. Der Beschwerdeführer habe bewußt keine Altersversorgung aufgebaut, weil er während der Ehezeit scheinselbständig im Hotel- und Gaststättengewerbe gearbeitet habe.

Die Parteien haben am 26. 11. 1998 vor der beauftragten Richterin des Senats eine Vereinbarung darüber getroffen, daß der Versorgungsausgleich nicht durchgeführt werden solle. Keiner von ihnen sollte ein Anrecht auf die während der Ehezeit erworbenen Anwartschaften des anderen haben.

Der Antragsteller, der sich persönlich im Beschwerdeverfahren zunächst nicht eingelassen hat, hat nach Protokollierung des Vergleichs ausgeführt, daß er sich einen vollständigen Verzicht nicht vorgestellt habe, sondern daß er lediglich mit einer Halbierung des ihm zustehenden Anspruchs auf Übertragung von Rentenanwartschaften einverstanden sei.

Der Senat hat durch die Berichterstatterin als beauftragte Richterin die Parteien zur Erwerbssituation während der Ehe und zur Leistung wechselseitigen Unterhalts angehört. Aufgrund des Ergebnisses dieser Anhörung ist die Genehmigung der von den Parteien getroffenen Vereinbarung zu versagen, weil sie zu keinem nach Art und Höhe angemessenen Ausgleich unter den Ehegatten führt ( 1587 o Abs. 2 BGB). Insbesondere hat die Anhörung ergeben, daß keine Gründe vorliegen, die einen Ausschluß des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit rechtfertigen würden ( 1587 c BGB). Aufgrund der Anhörung steht vielmehr fest, daß der Ehemann während des Zusammenlebens der Parteien nur in geringem Umfang erwerbstätig gewesen ist, daneben aber den Haushalt der Parteien geführt hat, während die Ehefrau durch ihre Erwerbstätigkeit ganz überwiegend den finanziellen Lebensbedarf der Familie sichergestellt hat. Diese Regelung war zwischen den Parteien einvernehmlich getroffen worden; erst in den letzten beiden Jahren vor der Trennung der Parteien drang die Antragsgegnerin darauf, daß er seine Erwerbstätigkeit ausdehnte. Wie sie selbst erklärt hat, hat er zunächst "schwarz" gearbeitet und dabei 2.500,-- DM verdient. Daß dies ohne ihr Einverständnis geschehen ist oder daß der Antragsteller zum Familienunterhalt von seinem Einkommen nicht beigetragen hat, hat die Antragsgegnerin nicht behauptet. In Anbetracht dieser überwiegend einverständlichen Regelung von Hausarbeit und Erwerbstätigkeit ist es nicht als unbillig anzusehen, wenn der Antragsteller an den von der Antragsgegnerin während der Ehezeit in größerem Umfang erworbenen Rentenanwartschaften teilhat. Weiter maßgeblich für die Versagung der Genehmigung der von den Parteien getroffenen Vereinbarung war überdies, daß der Antragsteller während seines gesamten Erwerbslebens bis zum Ende der Ehezeit lediglich eine Rentenanwartschaft in Höhe von 492,93 DM erwerben konnte. Er ist daher auf die Übertragung der Rentenanwartschaften aus dem Versorgungsausgleich dringend angewiesen, um existentielle wirtschaftliche Not abzuwenden. Wegen seines Alters von derzeit bereits 64 Jahren ist er auch nicht mehr dazu in der Lage, weitere Anwartschaften auf Altersversorgung zu erlangen. Demgegenüber hat die Antragsgegnerin aus ihrer Erwerbstätigkeit bis zum Ende der Ehezeit bereits Rentenanwartschaften in Höhe von 1.312,93 DM erworben. Auch nach Abzug der infolge der Durchführung des Versorgungsausgleichs auf den Antragsteller zu übertragenden Rentenanwartschaften ist ihre wirtschaftliche Situation bereits derzeit deutlich besser als die des Antragstellers. Hinzukommt, daß die Antragsgegnerin erst 53 Jahre alt ist und somit noch in der Lage sein wird, durch eine mehrjährige weitere Erwerbstätigkeit ihre Anwartschaften auf Altersversorgung deutlich aufzustocken.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Juncker Carl Michalik