OLG Frankfurt vom 02.04.2004 (1 UF 239/03)

Stichworte: Streitwert, Berufungswert, Jahresbetrag, Teilerledigung Berufungswert, Jahresbetrag
Normenkette: GKG 17
Orientierungssatz: Wendet sich die Berufung gegen die Verurteilung in einem Zeitraum, der nicht den ersten 12 Monaten nach der Klageerhebung entspricht, dann ist ist der Berufungswert nach dem Jahresbetrag der künftigen noch im Streit befindlichen Monate zu bemessen (BGH FamRZ 2003, 1274 f.), jedoch begrenzt auf den Jahresbetrag des erstinstanzlichen Streitwertes, wenn in dieser Instanz die ersten12 Monatsbeträge geringer waren. Dies ist hier der Fall, da durch Erhöhung der Tabellenbeträge ab 1.7.2003 im Laufe des Verfahrens die (von Anfang an) verlangten und zugesprochenen Beträge erhöht worden sind. Erstinstanzlich verlangt waren für die ersten 12 Monate nach Klageeingang und zwei Monate Rückstand je 177,00 EUR für beide Kinder, mithin 177 x 2 = 354 x 14 = 4.956,00 EUR. Dass hiervon nach Rechtshängigkeit 3 Monatsbeträge gezahlt worden sind mit der kostenrechtlichen Folge einer teilweisen Erledigung der Hauptsache in diesem Umfang, spielt für die Bewertung des (laufenden und künftigen) Unterhalts keine Rolle.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

U R T E I L

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch Richter am Oberlandesgericht Juncker als entscheidenden Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12.03.2004 für Recht erkannt:

Das am 25.08.2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts -Familiengericht -Bad Schwalbach wird abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die beiden Kinder X., geboren am 28.10.1999, und Y., geboren am 22.09.2000, folgenden Kindesunterhalt zu zahlen: Für die Zeit von Februar 2002 bis Juli 2003 insgesamt 1.794,-- EUR, für die Zeit ab August 2003 monatlich je 63,-- EUR, zusammen mithin 126,-- EUR monatlich, die künftigen Beträge jeweils im Voraus. Im übrigen wird die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Berufungswert wird auf 4.956,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht den Beklagten zur Zahlung von Kindesunterhalt an die beiden von der Klägerin in gesetzlicher Prozesstandschaft vertretenen Kinder verurteilt, für die Zeit von Februar 2002 bis Juli 2003 in wechselnder Höhe, ab August in Höhe von jeweils 192,-- EUR (je 199,-- EUR abzüglich je 7,00 EUR anteiliges Kindergeld). Wegen der Beträge im einzelnen und der Begründung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit seiner Berufung erstrebt der Beklagte völlige Abweisung der Klage. Er sei unverschuldet arbeitslos und beim Arbeitsamt als arbeitssuchend gemeldet. Dies stellt er unter Beweis durch Zeugnis des zuständigen Sachbearbeiters des Arbeitsamts.

Die Klägerin tritt der Berufung entgegen. Mit der Teilabweisung ihrer Klage, insbesondere der vollständigen Abweisung der Klage auf Trennungsunterhalt, sei den Belangen des Beklagten hinreichend Rechnung getragen.

Die Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg und führt zur Herabsetzung des ausgeurteilten Unterhalts für einen Teil der Zeiträume, in denen der Beklagte zur Zahlung von Kindesunterhalt nach der ersten Stufe der Düsseldorfer Tabelle verurteilt worden ist.

Keinen Erfolg hat die Berufung, soweit sie sich auf den Zeitraum von März 2002 bis September 2002 (ohne die Monate Juni bis August, für die der Unterhalt gezahlt ist) wendet. Die auf unverschuldete Arbeitslosigkeit gegründete Berufung enthält keinerlei Ausführungen, warum in dieser Zeit der Beschäftigung der Beklagte entgegen den Gründen des angefochtenen Urteils nicht leistungsfähig gewesen sein sollte.

Für den Monat Februar 2002, Oktober und November 2002 sowie die Zeit ab August 2003 hat das Amtsgericht den Beklagten während der in dieser Zeit bestehenden Arbeitslosigkeit zur Leistung des ausgeurteilten Unterhalts für leistungsfähig erachtet, da ihm ein dafür ausreichendes fiktives Einkommen zuzurechnen sei. Dies ist im Grunde nach zutreffend, da die vorgetragenen Bemühungen des Beklagten um eine Arbeitsstelle unzureichend sind. Die Meldung zum Arbeitsamt reicht hierfür nicht aus, vielmehr muss sich der Arbeitssuchende aktiv um eine Arbeitsstelle bemühen und diese Bemühungen dokumentieren. Daran fehlt es. Die Beweislast, dass ordnungsgemäße Bemühungen auch keinen Erfolg gehabt hätten, weshalb diese fehlenden Bemühungen nicht ursächlich für die weiter bestehende Arbeitslosigkeit sind, liegt bei ihm. Da der Beklagte nicht einer der ausgesprochenen Risikogruppen angehört (ältere Arbeitnehmer, angeschlagene Gesundheit, lange Berufsunterbrechungen, ehemalige überqualifizierte Führungskräfte), ist er insoweit beweisfällig geblieben.

Der Höhe nach hält der Senat den Beklagten jedoch nicht in dem vom Amtsgericht angenommenen Umfang für leistungsfähig. Es fällt auf und ist nicht frei von Widersprüchen, dass der Beklagte in den Zeiten tatsächlicher Beschäftigung bei einer Zeitarbeitsfirma wegen des geringen Arbeitslohnes für nicht leistungsfähig erachtet wurde, in den Zeiten ohne jede Beschäftigung hingegen in vollem Umfang. Die Auswertung des Durchschnittseinkommens des Beklagten bei der Firma XYZ. aus der Verdienstbescheinigung Juni 2003 mit aufgelaufenem Jahresverdienst zeigt, dass der Beklagte in dieser Zeit nicht durchweg vollschichtig beschäftigt war. Der Senat bemisst deshalb das fiktive Einkommen aus einer ihm obliegenden vollschichtigen Beschäftigung aus den zur Akte gereichten Verdienstbescheinigungen für die drei Monate März bis Mai 2003 (Anlage zum Schriftsatz vom 17.07.2003, Blatt 52 der Akte). Daraus errechnet sich ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 966,00 EUR und damit 126,00 EUR über dem notwendigen Selbstbehalt von 840,00 EUR. Danach wäre er in der Lage, für die vorgenannte Zeit der Arbeitslosigkeit monatlich je 63,00 EUR für jedes der beiden Kinder zu zahlen.

Dies ergibt für die Zeit bis einschließlich Juli 2003 folgenden Unterhaltsrückstand:

2/02126,00 EUR

03/02 bis 05/02 wie ausgeurteilt 3 x (177 x 2 =) 354,00 = 1.062,00 EUR

09/02 354,00 EUR

10 und 11/02 2 x 126,00 EUR = 252,00 EUR

zusammen:794,00 EUR

ab August laufend je monatlich 63,00 = monatlich 126,00 EUR

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

Der Berufungswert besteht aus dem Rückstand für die Monate Februar und März 2002 (Klageeingang 08.03.2002) und dem Jahresbetrag des künftigen Unterhalts. Dieser hat sich, da der Beklagte für einen Teil der Zeiträume innerhalb des maßgebenden Jahresbetrags nach Klageeingang nicht zu Unterhaltszahlungen verurteilt worden ist, wogegen er sich mit seiner Berufung natürlich nicht wendet, auf die zukünftige Verurteilung verlagert. In einer derartigen Fallgestaltung ist der Berufungswert nach dem Jahresbetrag der künftigen noch im Streit befindlichen Monate zu bemessen (BGH FamRZ 2003, 1274 f.), jedoch begrenzt auf den Jahresbetrag des erstinstanzlichen Streitwertes, wenn in dieser Instanz die ersten12 Monatsbeträge geringer waren. Dies ist hier der Fall, da durch Erhöhung der Tabellenbeträge ab 1.7.2003 im Laufe des Verfahrens die (von Anfang an) verlangten und zugesprochenen Beträge erhöht worden sind. Erstinstanzlich verlangt waren für die ersten 12 Monate nach Klageeingang und zwei Monate Rückstand je 177,00 EUR für beide Kinder, mithin 177 x 2 = 354 x 14 = 4.956,00 EUR. Dass hiervon nach Rechtshängigkeit 3 Monatsbeträge gezahlt worden sind mit der kostenrechtlichen Folge einer teilweisen Erledigung der Hauptsache in diesem Umfang, spielt für die Bewertung des (laufenden und künftigen) Unterhalts keine Rolle.

Juncker