OLG Frankfurt vom 12.10.1998 (1 UF 207/98)

Stichworte: Wiedereinsetzung, Prozeßkostenhilfe, Erflgsaussicht
Normenkette: ZPO 114, 233
Orientierungssatz: Zur Wiedereinsetzung bei aussichtsloser Prozeßkostenhilfe für ein Rechtsmittel

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main am 12.10.1998 beschlossen

Der Antrag des Beklagten, ihm wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Beklagten, ihm Prozeßkostenhilfe für seine Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht -Offenbach am Main vom 29. Mai 1998 zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

G r ü n d e :

Dem Beklagten konnte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist nicht gewährt werden.

Einer Partei, die vor Ablauf der Rechtsmittelfrist zur Durchführung des Rechtsmittels Prozeßkostenhilfe beantragt hat, ist nach Ablehnung ihres Prozeßkostenhilfegesuchs wegen der Versäumung der Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung nach § 233 ZPO zu gewähren, wenn sie sich für arm halten und außerdem davon ausgehen durfte, innerhalb der Frist die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozeßkostenhilfe in ausreichender Weise dargetan zu haben (vgl.: BGH, Beschluß vom 15. 5. 1990 - XI ZB 1/90 -, BGHR ZPO § 233 Prozeßkostenhilfegesuch 2; BGH FamRZ 1993, S. 688 f.; st. Rspr.). § 117 Abs. 4 ZPO schreibt zwingend vor, daß sich die Partei zur Darlegung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des durch die Verordnung vom 17. 10. 1994 (BGBl I 3001) eingeführten Vordrucks bedienen muß. Die Partei kann deshalb nur dann davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozeßkostenhilfe dargetan zu haben, wenn sie rechtzeitig vor Ablauf der Rechtsmittelfrist einen solchen Vordruck ordnungsgemäß ausgefüllt zu den Akten gereicht hat. Eine Bezugnahme auf eine in der Vorinstanz eingereichte Erklärung ist nur dann ausnahmsweise zuzulassen, wenn das Verlangen nach Vorlage einer neuen Erklärung lediglich eine überflüssige Förmelei darstellen würde. Das ist dann der Fall, wenn der Antragsteller im Zusammenhang mit der Bezugnahme auf die frühere Erklärung unmißverständlich mitteilt, es habe sich seither nichts geändert und eine neue Erklärung müsse denselben Inhalt haben (vgl.: BGH, Beschluß vom 27. 11. 1996 - XII ZB 84/96 -, BGHR ZPO § 233 Prozeßkostenhilfegesuch 5 m.w.N.). Legt die Partei eine neue Erklärung vor, so ist diese vollständig auszufüllen und mit Angaben zu versehen, die nicht etwa einen mehrere Jahre zurückliegenden Zeitraum, sondern die gegenwärtigen Einkommensverhältnisse wiedergeben (vgl. BGH MDR 1989, 720; BGH, Beschluß vom 6. 12. 1990 - VII ZB 15/90 -, BGHR ZPO § 233 Prozeßkostenhilfegesuch 3).

Gemessen an diesen Maßstäben konnte dem Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist nicht gewährt werden, weil die Fristversäumung nicht unverschuldet war ( § 233 ZPO). Denn der Beklagte hat bis zu der am 29. 7. 1998 abgelaufenen Frist zur Einlegung der Berufung weder eine vollständig ausgefüllte und mit aktuellen Einkommensbelegen versehene Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt noch erklärt, daß sich die Verhältnisse seit der Vorlage der undatierten, mit Schriftsatz vom 18. 8. 1997 eingereichten früheren Erklärung nicht geändert hätten. Eine Aussage diesen Inhalts war von Seiten des Beklagten auch nicht zu erwarten, da sich aus seiner im Prozeßkostenhilfegesuch für das Berufungsverfahren beigefügten Erklärung ergab, daß er ein monatliches Bruttoeinkommen von 4.329,-- DM erzielte, während dieses in der früheren Erklärung mit 3.900,11 DM angegeben war. Bei dieser nicht unerheblichen Einkommenserhöhung bestand um so mehr Anlaß, unter Mitteilung der Abzüge Angaben zum gegenwärtig erzielten Nettoeinkommen zu machen und diese Angaben etwa durch eine aktuelle Verdienstabrechnung oder andere geeignete Unterlagen zu belegen. Der Beklagte hatte in erster Instanz entgegen dem Vorbringen seines erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten weder mit Schriftsatz vom 18. 8. 1997 (Bl. 152/153 d.A.) noch mit dem früheren Schriftsatz vom 5. 8. 1996 (Bl. 139 - 144 d.A.) eine Verdienstbescheinigung vorgelegt. Umsomehr bestand für den Beklagten Veranlassung, bis zum Ablauf der Berufungsfrist eine vollständig ausgefüllte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie einen aktuellen Einkommensnachweis vorzulegen. Da sowohl der Beklagte als auch seine Prozeßbevollmächtigte erkennen konnten, daß die Voraussetzungen für eine Bewilligung der Prozeßkostenhilfe nicht ausreichend dargetan sind, scheitert eine Wiedereinsetzung am Verschulden ( § 233 ZPO).

Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, ist auch der Antrag des Beklagten, ihm Prozeßkostenhilfe für die Berufung zu bewilligen, zurückzuweisen.