OLG Frankfurt vom 22.06.1998 (1 UF 202/97)

Stichworte: Besuchsrecht entgegenstehender Wille der Kinder.
Normenkette: BGB 1684 Abs. 4 S. 2
Orientierungssatz: "...Unter diesen Umständen wäre eine gegen den eindeutigen Willen der Kinder angeordnete Umgangsregelung nicht mit ihrem Wohl vereinbar ( 1684 Abs. 4 S 2. BGB). Sie würde den Kinder vermitteln, daß ihre Wünsche und Bedürfnisse, auch wenn sie sie noch so nachdrücklich und nachvollziehbar äußern, nicht akzeptiert werden. Kindern ein solches Bild zu vermitteln ist schädlich. Auf diese Weise erzwungene Kontakte zwischen den Kindern und ihrem Vater wären im übrigen nicht geeignet, deren Beziehung zum Vater wirklich zu fördern sondern würden im Gegenteil die Chance verschlechtern, daß künftig einmal mehr Offenheit füreinander entstehen kann."

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Vaters gegen den Beschluß des Amtsgerichts -Familiengericht- Langen vom 29.07.1997 am 22.06.1998 beschlossen

Der angefochtene Beschluß wird teilweise abgeändert.

Die Aussetzung des Besuchsrechts des Antragsgegners mit den gemeinsamen Kindern F. und R. wird auf die Dauer von 2 Jahren ab Wirksamkeit befristet.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 5.000,00 DM.

G r ü n d e :

Die gemäß § 621 e Abs.. 1 ZPO zulässige Beschwerde ist in der Sache nur zum geringeren Teil begründet. Der Senat teilt nach Anhörung aller Verfahrensbeteiligten durch die Berichterstatterin als beauftragte Richterin des Senats die Auffassung des Familiengerichts, daß gegenwärtig eine Durchsetzung des Besuchsrechts gegen den Willen der Kinder deren Wohl nicht entspricht. Die Anhörung der Kinder hat dabei erneut ergeben, daß sie einen Kontakt zu ihrem Vater entschieden ablehnen, weil sie, wie sie nachdrücklich deutlich machen, den Vater als bedrängend und den Umgang mit ihm als belastend empfinden. Die mit ihnen erörterte Möglichkeit, einen Besuch bei dem Vater auch gegen ihren Willen anzuordnen, hat in ihnen große Abwehr und Enttäuschung ausgelöst. Bei den Besuchskontakten richte sich der Vater nicht danach, was sie wünschten und gern hätten, sondern dränge ihnen seine politischen Themen und Belehrungen auch in anderen Dingen auf, obwohl sie dies gar nicht interessiere. Dies führt in den Vorstellungen der Kinder offenbar dazu, daß es dem Vater weniger um sie sondern hauptsächlich darum gehe, sie darüber zu belehren, was er für richtig halte, und sie für seine Überzeugungen zu gewinnen, die ihnen ganz fremd seien. Dagegen wehren sich die Kinder mit Nachdruck. Dies ist für den Senat nachvollziehbar. Die Berichterstatterin hat sich sehr darum bemüht, mit den Kindern zu klären, ob sie sich nicht doch vorstellen könnten, den Wünschen des Vaters entgegenzukommen und eine Regelung für auch nur gelegentliche Kontakte zu akzeptieren. Dies ist nicht der Fall. Unter diesen Umständen wäre eine gegen den eindeutigen Willen der Kinder angeordnete Umgangsregelung nicht mit ihrem Wohl vereinbar ( § 1684 Abs. 4 S 2. BGB). Sie würde den Kinder vermitteln, daß ihre Wünsche und Bedürfnisse, auch wenn sie sie noch so nachdrücklich und nachvollziehbar äußern, nicht akzeptiert werden. Kindern ein solches Bild zu vermitteln ist schädlich. Auf diese Weise erzwungene Kontakte zwischen den Kindern und ihrem Vater wären im übrigen nicht geeignet, deren Beziehung zum Vater wirklich zu fördern sondern würden im Gegenteil die Chance verschlechtern,daß künftig einmal mehr Offenheit füreinander entstehen kann.Der Senat verkennt nicht, daß für den Vater die Aussetzung des Besuchsrechts mit seinen Söhnen eine seelische Belastung und eine große Enttäuschung darstellt. In der Anhörung wurde auch deutlich, daß es ihm schwerfällt, die Ablehnung der Kinder zu akzeptieren und diese Abneigung nicht als Ergebnis einer Beeinflussung durch ihre Mutter anzusehen. Für ein solches Verhalten der Mutter haben sich in der Anhörung aber keine Anhaltspunkte ergeben. Ob es dem Vater gelingen kann, den persönlichen Kontakt zu seinen Kindern zu einem späteren Zeitpunkt wiederaufzunehmen,wird nach Einschätzung des Senats wesentlich auch davon abhängen, ob er die Haltung der Kinder ihm gegenüber akzeptiert und nicht versucht, sie gegen ihren Willen im Umfeld der Schule oder im Haus der Großeltern aufzusuchen.Der Senat hält eine unbefristete Aussetzung des Umgangsrechts nicht für geboten. Die Befristung auf nunmehr noch 2 Jahre gibt den Kindern die Gewißheit, sich für einen geraumen Zeitraum nicht mit dem Vater und dessen Anforderungen auseinandersetzen zu müssen. Inwieweit nach Ablauf dieser Zeit die Besuche beim Vater für die Kinder wieder gewinnbringend seinkönnen, kann derzeit nicht beurteilt werden. Die Kinder werden aber entsprechend ihrer größeren seelischen und geistigen Reife zum Zeitpunktder Beendigung der Aussetzung der Besuchskontakte möglicherweise eher in der Lage sein, sich auf eine Begegnung mit ihrem Vater einzulassen, daraus entstehende Spannungen zu bewältigen und eine nicht ausschließlich von Angst und Abwehr bestimmte Einstellung zu ihm zu entwickeln.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 131 Abs. 3 KostO, 13 a FGG.