OLG Frankfurt vom 04.08.2000 (1 UF 180/99)

Stichworte: Namensänderung, Kindeswohl, Erforderlichkeit
Normenkette: BGB 1618 Abs. 4
Orientierungssatz: Anders als nach der früheren Rechtslage genügt es nicht (§ 3 Namensänderungsgesetz), daß die Änderung des Familiennamens des Kindes aus geschiedener Ehe dessen Wohl nur förderlich ist (Bundesverwaltungsgericht FamRZ 1996, 937). Vielmehr müssen Tatsachen, aus denen sich die Notwendigkeit der Namensänderung ergibt, festgestellt werden (Senatsbeschlüsse vom 09.12.1999, 1 UF 334/98, und vom 07.02.2000, 1 UF 297/99).

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

betreffend die Ersetzung der Einwilligung zur Namensänderung des Kindes R. X., geboren am 11.09.1989,

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts -Familiengericht- Weilburg vom 05.05.1999 am 04.08.2000 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert. Der Antrag auf Ersetzung der Einwilligung des Vaters zur Namensänderung wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

Beschwerdewert: 5.000,00 DM.

G r ü n d e :

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht -Rechtspflegerin- die Einwilligung des Vaters in die neue Namensgebung des Kindes ersetzt. Das Kind lebe bereits seit drei Jahren mit seiner Mutter und ihrem jetzigen Ehemann als Familie zusammen und wünsche die Namensänderung.

Gegen diesen ihm am 18.05.1999 zugestellten Beschluß hat der Vater mit an das Amtsgericht gerichteten und dort am 18.06.1999 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht hat die Akte mit Nichtabhilfeverfügung an das Oberlandesgericht weitergeleitet, wo sie am 12.07.1999 eingegangen ist.

Die Beschwerde ist als befristete Beschwerde statthaft (BGH FamRZ 1999, 1648). Die nach Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist beim OLG eingegangene Beschwerde ist gleichwohl zulässig, da die Beschwerdefrist durch die Zustellung an den Antragsgegner persönlich nicht in Lauf gesetzt worden ist. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich sein Bevollmächtigter bereits zur Akte gemeldet, so daß die Zustellung an ihn hätte erfolgen müssen (§§ 16 Abs. 2 FGG, 176 ZPO).

Die auch im übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg und führt zur Zurückweisung des Antrags auf Ersetzung der Einwilligung.

Die fehlende Einwilligung des Vaters in die beantragte Namensänderung könnte nur ersetzt werden, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich wäre (§ 1618 Satz 4 BGB). Anders als nach der früheren Rechtslage genügt es nicht (§ 3 Namensänderungsgesetz), daß die Änderung des Familiennamens des Kindes aus geschiedener Ehe dessen Wohl nur förderlich ist (Bundesverwaltungsgericht FamRZ 1996, 937). Vielmehr müssen Tatsachen, aus denen sich die Notwendigkeit der Namensänderung ergibt, festgestellt werden (Senatsbeschlüsse vom 09.12.1999, 1 UF 334/98, und vom 07.02.2000, 1 UF 297/99).

Unter Anlegung dieser Maßstäbe konnte die Einwilligung des Vaters in die Namensänderung nicht ersetzt werden. Der Wunsch des Kindes und der sorgeberechtigten Mutter nach einer Namensänderung reichen ebensowenig aus, wie die Tatsache, daß das Kind in die neue Familie integriert ist. Letzteres sollte, jedenfalls bei Kindern in diesem Alter, bei einer Wiederverheiratung der sorgeberechtigten Mutter ohnehin in der Regel der Fall sein. Daß das Kind trotz der Integrationen in die neue Familie seinen alten Namen behält, ist kein gravierender Nachteil. Es ist angesichts der Häufigkeit von geschiedenen Ehen, aus denen Kinder hervorgegangen sind, und der Vielzahl neu geschlossener Ehen von sorgeberechtigten Elternteilen nicht ungewöhnlich, daß das Kind nach der Wiederverheiratung des sorgeberechtigten Elternteils einen anderen Namen trägt als dieser. Es obliegt in diesen Fällen dem sorgeberechtigten Elternteil, dem Kind die Situation zu erläutern und ihm zu vermitteln, daß es trotz Namensverschiedenheit ein voll integrierter Bestandteil der neuen Familie ist.

Abweichende Feststellungen lassen sich auch nicht aus dem vorgelegten Privatgutachten des Dipl. Psych. H. (mit Schriftsatz vom 01.02.1999, Blatt 13 f. d.A.) treffen. Hieraus wird zwar ersichtlich, daß das Kind Verhaltensauffälligkeiten aufweist und auch deshalb behandelt wird, worauf die Beschwerdeerwiderung im Zusammenhang mit Schwierigkeiten bei dem Umgang hinweist, jedoch ergeben sich keine Anhaltspunkte, daß hierfür die Namensverschiedenheit innerhalb der neuen Familie ursächlich und deren Änderung zur Beseitigung der Störungen des Kindes erforderlich wäre. Auch aus der vorgelegten Stellungnahme des Standesbeamten in nicht ganz eindeutiger Funktion (Schriftsatz vom 11.10.1999, Blatt 60-62) ergeben sich keine Tatsachen, daß die Namensänderung mehr als nur förderlich und den Erziehungsgedanken der Stieffamilie stützend sein könnte, zumal der Standesbeamte die beteiligten Personen nicht persönlich kennt und seine Stellungnahme eher im Sinne einer verdeckten Kritik an der gesetzgeberischen Lösung zu verstehen ist.

Als weiterer für eine Namensänderung wesentlicher Gesichtspunkt wird zunehmend ein festgestelltes mangelndes Interesse des leiblichen Vaters anerkannt, das sich aus der Nichtwahrnehmung des Umgangsrechts oder trotz Leistungsfähigkeit unterlassenen Unterhaltszahlungen dokumentieren kann (vgl. die Beispiele bei Oelkers/Kreutzfeldt, FamRZ 2000, 645, 648). Inwieweit sich der Senat dem anschließt, kann hier offen bleiben. Zwar hat die Mutter ins Feld geführt, daß der Vater sein mangelndes Interesse an dem Kind dadurch zum Ausdruck bringe, daß er das ihm eingeräumte Umgangsrecht nicht wahrnehme. Dieser ist jedoch dieser Darstellung entgegengetreten und führt die zugestandenen Schwierigkeiten im Umgangsrecht auf Beeinflussung durch die Mutter und die Spannungen aus dem gegenwärtigen Verfahren zurück. Insoweit kommt in Betracht, diese Probleme im Rahmen eines Umgangsrechtsverfahrens zu lösen. Von einem trotz bestehender Möglichkeit vom Vater aus Interesselosigkeit nicht wahrgenommenen Umgangsrecht kann der Senat jedoch nicht ausgehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 131 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 KostO, 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG.

Dr. Eschweiler Carl Juncker