OLG Frankfurt vom 05.04.2001 (1 UF 141/00)

Stichworte: Verwirkung, Verschweigen von Einkünften
Normenkette: BGB 1579 Nr 2, 4, 7
Orientierungssatz: Das Verschweigen von Einkünften kann einen Verwirkungsgrund darstellen. Dies setzt allerdings voraus, daß der Vorwurf hinreichend schwerwiegend ist, da andernfalls die Sanktion des Unterhaltsverlusts unverhältnismäßig wäre. Nicht jede ungenaue und unpräzise Sachverhaltsdarstellung begründet den Verwirkungseinwand.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

U R T E I L

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Eschweiler und die Richter am Oberlandesgericht Juncker und Carl aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 08. 02. 2001 für Recht erkannt :

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17. 04. 2000 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Hanau abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Berufungswert wird auf 3.204,-- DM festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt. Hierüber haben sie am 16. 07. 1998 vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Hanau (61 F 607/98 - EA I) einen als 'Teilvergleich' bezeichneten Vergleich abgeschlossen, mit dem sich der (jetzige) Kläger zur Zahlung von, jeweils monatlich, 267,-- DM Ehegattenunterhalt und 603,-- DM Kindesunterhalt an das von der (jetzigen) Beklagten betreute gemeinsame Kind N., geboren am 16. 10. 1984, verpflichtet hat. Vor Abschluß des Vergleichs hatte die Beklagte auf Befragen der Gegenseite erklärt, daß sie derzeit noch keine Mieteinnahmen erziele. Es sei richtig, daß ihr Vater ein Haus gehabt habe. Ihr Vater sei im Januar dieses Jahres verstorben. Das Testament sei noch nicht eröffnet. Bezüglich ihres Einkommens erklärte sie, daß sie seit zwei Monaten auf 620,- DM-Basis arbeite, da sie mit dem ihr gezahlten Unterhalt nicht auskommen könne.

Mit der im Januar 1999 eingereichten Klage erstrebt der Kläger den Wegfall des vereinbarten Ehegattenunterhalts. Die Verhältnisse hätten sich geändert. Die Beklagte habe ihr Erwerbseinkommen ausgeweitet und verdiene nunmehr mindestens 1.000,-- DM netto monatlich. Sie habe auch höhere Einkünfte aus Vermietung. Während bei Abschluß des Vergleichs lediglich eine Wohnung in dem ererbten Hause zu einem monatlichen Kaltmietzins von 1.200,-- DM vermietet gewesen sei, sei mittlerweile auch die zweite Wohnung zu einem monatlichen Mietzins von mindestens 700,-- DM vermietet. Schließlich habe sich sein eigenes Einkommen durch Wechsel der Steuerklasse (von 3 auf 1) verringert.

Das Amtsgericht hat Beweis erhoben über die Höhe der derzeitigen Einkünfte der Beklagten aus Erwerbstätigkeit und aus Vermietung, letzteres durch Vernehmung des Bruders der Beklagten, R., als Zeugen (Sitzungsniederschrift vom 06. 05. 1999, Bl. 28 ff. d.A.). Wegen der Höhe der Erwerbseinkünfte der Beklagten hat das Gericht mit Einverständnis der Parteien eine schriftliche Bescheinigung ihres Arbeitgebers, der Fa. Z., häusliche Krankenpflege, vom 29. 04. 1999 (Bl. 24 d.A.) zu Beweiszwecken verwertet. Von der beantragten und angeordneten Vernehmung des Zeugen S., daß die Beklagte dort zusätzlich zu dem so bescheinigten Einkommen durch Nebentätigkeiten Einkünften erziele, ist mit Zustimmung des Klägers abgesehen worden, nachdem der Zeuge eine schriftliche Erklärung vom 07. 01. 2000 (Bl. 116) vorgelegt hat.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das im übrigen Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht der Klage für den Zeitraum ab Mai 1999 stattgegeben und sie im übrigen, betreffend den vorausgegangenen Zeitraum ab 01. Januar 1999, abgewiesen. Der Klägerin stünden ab Mai 1999 keine Unterhaltsansprüche mehr zu, da sie zum einen diese verwirkt habe, zum anderen sie ihren Bedarf durch Eigeneinkommen in Verbindung mit mietfreiem Wohnung und Mieteinnahmen aus dem ererbten Hause zu decken im Stande sei. Mit dem Verschweigen von Mieteinnahmen habe sie zwar möglicherweise kein schwerwiegendes Vergehen im Sinne des § 1587 Ziffer 2 BGB begangen, jedoch seien damit die Voraussetzungen des Verwirkungsgrundes nach § 1589 Ziffer 7 BGB erfüllt.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie verfüge weder über Mieteinkünfte, noch habe sie solche verschwiegen.

Die Beklagte hat im Laufe des Berufungsverfahrens nach und wegen Aufnahme einer bedarfsdeckenden vollschichtigen Erwerbstätigkeit zum 1.7.2000 erklärt, daß sie ab diesem Zeitpunkt keinen Trennungsunterhalt mehr geltend macht. Sie werde ab dem genannten Zeitpunkt von dem Titel keinen Gebrauch mehr machen.

Die Beklagte beantragt,

wie erkannt.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht.

Von einer weitergehenden Wiedergabe des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Enscheidungsgründe

Die alle Form- und Fristerfordernisse wahrende Berufung hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Abweisung der Klage. Der Beklagten steht für den von ihr noch beanspruchten Zeitraum, also bis einschließlich Juni 2000, der geforderte Unterhalt (im Wege der Verteidigung des vorläufigen Titels) in Höhe von monatlich 267,-- DM zu. Hiervon ist unstreitig der Unterhalt bis einschließlich April 2000 durch Erfüllung erloschen, so daß noch die Monate Mai und Juni 2000 offenstehen.

Die als Abänderungsklage bezeichnete Klage ist inhaltlich als negative Feststellungsklage auszulegen, da der Titel, gegen den sie sich richtet, keine der Rechtskraft vergleichbare Bindungswirkung hat. Dies folgt eindeutig aus Form und Inhalt des 'Teilvergleichs'. Er ist im Rahmen eines Anordnungsverfahrens ergangen und wäre, falls nicht vergleichsweise erledigt, als gleichlautender Beschluß (hier wohl nach § 644 ZPO) nicht rechtskraftfähig. Zwar kann (und wird in der Praxis häufig) ein im Rahmen eines vorläufigen Verfahrens geschlossener Vergleich zugleich eine Regelung der Hauptsache beinhalten. Dies ist eine Frage der Auslegung. Daß dergleichen hier nicht gewollt ist, ergibt sich aus dem Umstand, daß die Beklagte sich die damals geltend gemachte Mehrforderung (gerichtet auf Unterhalt in Höhe von insgesamt 647,-- DM monatlich) vorbehalten hat und das Gericht im Anschluß daran eine Entscheidung über den von ihr verlangten Prozeßkostenvorschuß für die Mehrforderung erlassen hat. Nachdem das Gericht den beantragten Prozeßkostenvorschuß wegen fehlender Erfolgsaussicht der weitergehenden Klage verweigert hat, hat die jetzige Beklagte den Antrag nicht weiter verfolgt. Der Vergleich sollte damit auch inhaltlich nicht weiter gehen als eine vergleichbare gerichtliche Entscheidung im Wege einstweiliger Anordnung.

Gegen einstweilige Anordnungen über Unterhalt findet nicht die Abänderungsklage, sondern von Seiten des Unterhaltsschuldners die negative Feststellungsklage statt. Da die Klage die Voraussetzungen hierfür erfüllt und im Zweifel der Kläger den prozessual zulässigen Rechtsweg beschreiten will, ist die Klage in eine solche umzudeuten.

In der Sache hat die damit zulässige Klage keinen Erfolg. Die Beklagte kann von dem Kläger Trennungsunterhalt jedenfalls in der verlangten Höhe für den hier zu beurteilenden Zeitraum verlangen.

Nach den Angaben der Klageschrift erzielte der Kläger in dem maßgeblichen Zeitpunkt ein Nettoeinkommen von monatlich 3.599,45 DM. Hiervon ist abzugsfähig ein Kindesunterhalt von 713,-- DM (Bruttobetrag zu dem in dem Teilvergleich ebenfalls titulierten Kindesunterhalt von netto, d.h. unter Berücksichtigung des Kindergeldes, 603,-- DM). Der in der Berechnung des Klägers in der Klageschrift an dieser Stelle in Abzug gebrachte gedeckte Wohnbedarf der Beklagten ist nicht berücksichtigungsfähig, da dem ein entsprechender ebenfalls gedeckter Wohnbedarf des Klägers in einer anderen Wohnung in dem gemeinsamen Hause der Parteien gegenübersteht. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist gedeckter Wohnbedarf im gemeinsamen Hause während der Trennungszeit nicht nach Wert und Größe zu differenzieren. Dies ergibt bis dahin ein prägendes Nettoeinkommen auf Seiten des Klägers von 2.359,-- DM, wovon der Beklagten 2/5 = 943,60 DM zustehen. Hinzu kommt auf beiden Seiten noch gedeckter Wohnbedarf. Zugunsten des Klägers geht der Senat davon aus, daß das Erwerbseinkommen der Beklagten im Wege der Anrechnungsmethode in Abzug zu bringen ist, da es nicht eheprägend war, sondern lediglich als Folge der Trennung und damit trennungsbedingt aufgenommen wurde. Dafür spricht die dem Vergleich vorausgegangene Erklärungen der Beklagten, daß sie die Erwerbstätigkeit nach der Trennung aufgenommen habe, da sie mit dem gezahlten Unterhalt nicht auskomme. Nach Abzug des um den Erwerbstätigenbonus bereinigten Einkommens der Beklagten aus Erwerbstätigkeit in Höhe von (4/5 von 620,-- DM =) 496,-- DM, verbleibt ein Unterhaltsanspruch in Höhe von (rund) 448,-- DM und damit jedenfalls mehr als der von ihr verteidigte Titel.

Die erstinstanzlich der Berechnung in der Klageschrift nachfolgenden Berechnungsmodelle zum Einkommen des Klägers auch unter Berücksichtigung negativer Einkünfte aus dem gemeinsamen Immobilienbesitz der Parteien überzeugen nicht.

Die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe höhere als die von ihr eingeräumten Erwerbseinkünfte im Rahmen der (damaligen) Versicherungsfreigrenze, ist in erster Instanz widerlegt worden. Über die Höhe ihrer Einkünfte hat die Beklagte eine Bescheinigung ihrer Beschäftigungsstelle vorgelegt, deren Richtigkeit nicht erschüttert worden ist. Auch die Behauptung des Klägers, sie habe durch zusätzliche Pflegedienste für den Zeugen S. weitere Einkünfte erzielt, ist durch dessen zu Beweiszwecken verwendete schriftliche Erklärung widerlegt. Danach hat dieser die Pflegedienste mit der Beschäftigungsfirma der Beklagten abrechnet, die ihrerseits diese entlohnt hat.

Auch das neue Vorbringen des Klägers in seinem Erwiderungsschriftsatz vom 05. 03. 2001 zu dem nachgelassenen Schriftsatz der Gegenseite gibt keine Veranlassung, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten und diesem Vorbringen nachzugehen. Nach den vorgelegten Kopien von Gutschriften der Kreissparkasse G. sind der Beklagten am 13. 11. 1998 von Seiten ihres Beschäftigungsunternehmens einmal 117,-- DM und einmal 55,50 DM gutgeschrieben worden. Daraus ist nicht ersichtlich, daß es sich um zusätzliche Einkünfte handelt, die nicht in dem bescheinigten Einkommen enthalten sind. Dasselbe gilt für die Gutschrift per Scheck vom 28. 08. in Höhe von 473,-- DM, aus dem ebenfalls nicht ersichtlich ist, für welche Leistungen und für welchen Zeitraum er gutgebracht ist.

Entgegen der Behauptung des Klägers sind der Beklagten auch keine Mieteinkünfte bedarfsmindernd zuzurechnen.

Maßgebend sind in diesem Zusammenhang nur etwaige Einkünfte in dem hier zu beurteilenden Unterhaltszeitraum, d. h. ab Mai 1999 bis einschließlich Juni 2000. Etwaige Mieteinkünfte der Beklagten im Jahr 1998 sind insoweit ohne Belang; sie können lediglich im Rahmen des noch zu behandelnden Verwirkungseinwandes des Klägers eine Rolle spielen.

In diesem Zeitraum hat die Beklagte - unstreitig - im Wege von Abschlagszahlungen einmal 2.000,-- und zweimal 950,-- DM, insgesamt also 3.900,-- DM erhalten, und zwar im Anschluß an die Vernehmung des Zeugen G. (am 06. 05. 1999) durch diesen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um Einkünfte im unterhaltsrechtlichen Sinne, die zur Deckung des Lebensbedarfs bestimmt und geeignet sind. Einnahmen aus gewerblicher Tätigkeit, auch aus Vermietung und Verpachtung, sind nicht die Bruttoeinnahmen (Kassenzuflüsse), sondern die bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hieraus erzielten Erträge. Hinsichtlich derartiger Erträge hat der Zeuge G. in derselben Vernehmung ausgesagt, daß das Haus in einem so schlechten Zustand sei, daß die gesamte Miete (zur Unterhaltung) einbehalten werden müsse. Er werde der Beklagten, wenn sie darauf dringe, zwar die anteiligen Roheinnahmen auszahlen, dann jedoch sie auf Beteiligung notwendiger Erhaltungsaufwendungen in Anspruch nehmen, wobei er einen konkreten Betrag von 7.000,-- DM für die defekte Heizungsanlage bereits genannt hatte. Die danach erfolgte Auszahlung anteiliger Mieteinkünfte ist deshalb nicht als Ertrag zu verstehen, sondern als der ihrem Beteiligungsverhältnis entsprechende Einnahmenbetrag, mit dem sie sich dann entsprechend an den Aufwendungen zu beteiligen hätte. Diese Abrechnung ist in der Folgezeit dadurch überholt worden, als in dem Vergleich mit den Geschwistern in einem parallelen Zivilverfahren die Beklagte auf ihre Anteile an dem Haus gegen Zahlung eines geringen Abschlagsbetrages verzichtet hatte. Damit sind offenbar auch die von der Beklagten für die Zeit ihrer Mitverfügungsmacht über die Kasse geschuldeten Aufwendungen zur Erhaltung des Hauses mit erledigt worden.

Eine Bestätigung dieser Beurteilung folgt auch aus dem Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 14. 03. 2000 (Bl. 128, 129), wonach derzeit die Einkünfte der noch vermieteten Wohnung zur Renovierung der anderen Wohnung verwendet wurden, also jedenfalls zu dieser Zeit keine Einnahmen erzielt wurden.

Nach alledem kann der Senat nicht davon ausgehen, daß der Beklagten in dem beschriebenen Zeitraum aus ihrer Beteiligung an dem ererbten Hause nachhaltig gesicherte Einkünfte in einer den Betrag von monatlich 180,-- DM übersteigenden Höhe (Differenz zwischen dem vorstehend errechneten und dem von ihr verlangten Unterhalt) zuzurechnen seien.

Der Unterhaltsanspruch der Beklagten ist auch nicht verwirkt. Der Kläger leitet den Verwirkungseinwand daraus her, daß die Beklagte im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Ehegattenunterhalt Einkünfte verschwiegen und dadurch einen versuchten Prozeßbetrug als Straftat im Sinne des § 1579 Nr. 2 BGB begangen habe. Das Amtsgericht hat den Vorwurf zwar nicht als hinreichend schwerwiegend im Sinne der Nr. 2 des § 1579 gewertet, jedoch einen Verwirkungsgrund aus der Nr. 7 angenommen.

Dieser Beurteilung tritt der Senat nicht bei, weder was den Verwirkungsgrund nach Nr. 2 noch nach Nr. 7 betrifft.

Der zunächst streitige und auch im Senatstermin nicht vollständig aufgeklärte Sachverhalt betreffend die Einkünfte der Beklagten aus ihrem ererbten Hausanteil ist inzwischen, nach dem vom Kläger in der Folge zugestandenen Vorbringen der Beklagten in ihrem nachgelassenen Schriftsatz, im wesentlichen unstreitig geworden und stellt sich, nunmehr auch unter Einbeziehung der Vorgänge im Jahre 1998, wie folgt dar:

Die Erdgeschoßwohnung in dem Hause des im Januar 1998 verstorbenen Vaters der Beklagten ist im April 1998 zu einem Mietzins von 1.200,-- DM zuzüglich 300,-- DM Umlagenvorauszahlung an die Eheleute Sch. vermietet worden, wobei auf Vermieterseite als vermutliche Erben (das Testament war zu dieser Zeit noch nicht eröffnet), die Beklagte und ihr Bruder, der Zeuge G., unterzeichnet haben. Die Miete hat für folgenden drei Monate, also Mai, Juni und Juli 1998, die Beklagte vereinnahmt und hiervon die Hälfte, 1.800,-- DM, in bar ihrem Bruder übergeben.

Im Termin am 16. 07. 1998 hat die Beklagte, wie dargestellt, auf Befragen erklärt, sie erzielte 'derzeit noch keine Mieteinnahmen' aus dem Haus.

Für die folgenden Monate August bis einschließlich Dezember 1998 hat der Zeuge G. die Mieten vereinnahmt. Von Januar bis einschließlich Mai 1999, bis zum Auszug der Eheleute Sch. aus der Wohnung, ist die Miete auf ein Mietkonto überwiesen worden. Dies war die Situation, als der Zeuge G. bei seiner Vernehmung am 06. 05. 1999 erklärt hatte, daß die Mieteinnahmen 'auf die Bank einbezahlt' würden.

Im April 1999 ist die weitere Wohnung im Hause für 700,-- DM vermietet worden. Diese Miete ist nach dem Auszug der Zeugen Sch. zur Renovierung der bis dahin von ihnen innegehaltenen Wohnung verwendet worden.

Das Verhalten der Beklagten ist im Bezug auf ihre Wahrheitspflicht gemäß § 138 ZPO nicht unbedenklich. Sie hatte im Termin vor dem Amtsgericht im vorausgegangenen Unterhaltsverfahren erklärt, sie erziele noch keine Einnahmen, obwohl sie die (hälfige) Miete im Gesamtbetrag von 1.800,-- DM für die drei vorausgegangenen Monate vereinnahmt hat.

Daß sie von dem Zeugen G. im Anschluß an die Beweisaufnahme erster Instanz in drei Teilbeträgen insgesamt 3.900,-- DM, offenbar ihr Anteil aus dem von ihm vereinnahmten Mieten von August bis Dezember 1998, erhalten hat, hat sie in den darauf folgenden Verhandlungstermin am 13. 12. 1999, obgleich persönlich zugegen, nicht erwähnt. In dem anschließenden Termin vor dem Amtsgericht am 13. 03. war sie nicht persönlich zugegen. Der mit den entsprechenden Einzahlungsbelegen konfrontierte Prozeßbevollmächtigte konnte sich dazu nicht erklären und hat den Sachverhalt erst in einem anschließenden Schriftsatz vom 03. 04. 2000 eingeräumt und erläutert.

Daß prozessuale Verhalten der Beklagten in diesem Zusammenhang ist wie erwähnt nicht unbedenktlich, reicht nach Überzeugung des Senats jedoch nicht hin, die Voraussetzungen des Verwirkungseinwandes durch versuchten Prozeßbetrug oder mutwillige Vermögensgefährdung des unterhaltspflichten Ehegattens (§ 1579 Nr. 4 BGB) zu erfüllen.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des BGH FamRZ 2000, 153 ff. hinweist, ist dem entgegenzuhalten, daß die Entscheidung für den vorliegenden Sachverhalt nicht einschlägig ist. Der BGH hatte sich in diesem Fall mit den Voraussetzungen einer Anfechtung eines Unterhaltsvergleichs wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB zu befassen. Es kam danach auf die Feststellung an, ob die dortige Unterhaltsberechtigte durch Verschweigen von Einkünften den Verpflichteten arglistig getäuscht und dieser in Kenntnis aller Umstände den Vergleich so nicht geschlossen hätte. Mit der Frage der Verwirkung des Unterhalts befaßt sich die Entscheidung nicht.

Gleichwohl kann das Verschweigen von Einkünften auch einen Verwirkungsgrund darstellen. Dies setzt allerdings voraus, daß der Vorwurf hinreichend schwerwiegend ist, da andernfalls die Sanktion des Unterhaltsverlusts unverhältnismäßig wäre. Nicht jede ungenaue und unpräzise Sachverhaltsdarstellung begründet den Verwirkungseinwand.

In diesem Lichte betrachtet ist ihre Angabe im Termin im Vorverfahren vom 16. 07., sie erziele noch keine Mieterträgnisse aus dem Haus, zwar ungenau, aber letztlich nicht falsch. Wie ausgeführt, sind die von ihr anteilig mitverwalteten Bruttoerträgnisse zugunsten der (vermuteten) Erbengemeinschaft nicht mit Einkünften gleichzusetzen. Allerdings hätte die Beklagte korrekterweise dies mitteilen und die Bewertung in offener Diskussion mit Gericht und Gegner vornehmen müssen. Indes ist nicht auszuschließen, daß sie insoweit zum Ausdruck bringen wollte (wie später der Zeuge G. bei seiner Zeugenvernehmung), daß das Haus sich in einem schlechten Zustand befindet und die Mieteinnahmen vollständig für Instandsetzungsarbeiten benötigt würden. Dabei ist bei der Würdigung zu berücksichtigen, daß der Zeuge G. mit der Beklagten verfeindet ist und keine Veranlassung hatte, zu ihren Gunsten etwas zu beschönigen. Zu berücksichtigen ist weiter, daß der Kläger den Sachverhalt im wesentlichen kannte, den Erbfall, die Tatsache, daß eine Wohnung vermietet war und den Zustand des Hauses. Er hätte, falls ihm an Einzelheiten der Kassenführung gelegen war, nachfragen können.

Entsprechendes gilt für die später von der Beklagten vereinnahmten Beträge, die von vornherein mit dem Vorbehalt der Beteiligung wegen notwendiger Instandsetzungsarbeiten an sie ausgezahlt worden sind. Auch insoweit war das Verhalten der Beklagten nicht korrekt, jedoch nicht so schwerwiegend, daß es einen Verwirkungsgrund rechtfertigen könnte, zumal auch hier der Kläger über die wesentlichen Vorgänge informiert war.

Soweit die Beklagte in der dem Erbfall vorausgegangenen Zeit im Zusammenhang mit der Vereinnahmung von Mieten unkorrekt gehandelt haben sollte, kann dies für den hier zu beurteilenden Verwirkungseinwand dahingestellt bleiben, da sich ein derartiges Fehlverhalten nicht gegen den Kläger gerichtet hätte.

Die Voraussetzungen für einen versuchten Prozeßbetrug als Verwirkungsgrund nach § 1579 Nr.2 BGB liegen damit nicht vor. Aus rechtssystematischen Gründen geht es auch nicht an, einen für den genannten Tatbestand nicht ausreichenden Sachverhalt als Verwirkungsgrund nach Nr. 7 der genannten Bestimmung zu werten. Ist der Tatbestand einer der einzeln aufgeführten Verwirkungsfälle in Nr. 1 bis 6 nicht (voll) erfüllt, kann dies auch nicht als 'anderer Grund' i.S. der Auffangregelung der Nr. 7 berücksichtigt werden (vgl. BGH FamRZ 1995, 1405,1407).

Auch der Verwirkungsgrund der Nr.4, der, anders als der Fall der Nr.2, mindestens eine konkrete Gefährdung von Vermögensinteressen des Unterhaltspflichtigen erfordert, liegt nach dem hier zu beurteilenden Sachverhalt ersichtlich nicht vor.

Die Klage war mithin mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen. Dies betrifft auch den Zeitraum ab Juli 2000, für welchen die Beklagten keinen Trennungsunterhalt mehr geltend macht. Angesichts des bis dahin bestehenden Unterhaltsanspruchs stellt der Wegfall der Bedürftigkeit durch Arbeitsaufnahme einen Fall der Erledigung der Hauptsache dar, die der Kläger hätte erklären müssen. Da dies nicht geschehen ist, unterliegt seine Klage auch insoweit der Abweisung. Kostenrechtliche Auswirkungen hat dies nicht, da der streitwertbestimmende Jahresbetrag bereits durch den streitig gebliebenen Zeitraum ausgeschöpft ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711,713 ZPO. Für die (angeregte) Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, da der Streit der Parteien im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegt und der Fall keine grundsätzliche Bedeutung hat.

Dr. Eschweiler Carl Juncker