OLG Frankfurt vom 08.07.1999 (1 UF 129/99)

Stichworte: Realteilung Probleme bei der Benutzung eines Computerprogramms
Normenkette: VAHRG 1 Abs. 2 Satz 2
Orientierungssatz: Erst mittels der Kenntnis der Ausgestaltung der Realteilungsregelung bei der weiteren Beteiligten zu 3. im einzelnen ist das Familiengericht in die Lage versetzt zu prüfen, ob die Realteilungsregelung die Mindestanforderungen erfüllt, die nach dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs zu fordern sind (vgl. dazu Palandt-Dieterichsen BGB 58. Aufl. Anhang III. zu § 1587 b Rdnr. 5 m.w.N.).

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1. gegen das Urteil des Amtsgerichts -Familiengericht- Langen vom 13.04.1999 am 08.07.1999 beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben, soweit zu Lasten der für den Antragsgegner bei der weiteren Beteiligten zu 3. bestehenden Anwartschaften Rentenanwartschaften auf dem Versicherungskonto für die Antragstellerin bei der Beschwerdeführerin begründet worden sind. Insoweit wird die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Im übrigen bleibt die Kostenentscheidung der abschließenden Entscheidung des Amtsgerichts vorbehalten.

Beschwerdewert: 1.000,00 DM.

G r ü n d e :

Durch das angefochtene Verbundurteil hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Es hat dabei zunächst zum Ausgleich der beiderseits in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anwartschaften Rentenanwartschaften zu Gunsten der Antragstellerin in Höhe von monatlich 6,86 DM gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB übertragen.

Der Antragsgegner hat bei der weiteren Beteiligten zu 3. Anwartschaften aus einem Lebensversicherungsvertrag auf Rentenbasis erworben. Die weitere Beteiligte zu 3. hat hierzu das ehezeitverzogene Deckungskapital mit 1.108,00 DM angegeben sowie weiter mitgeteilt, daß der Geschäftsplan eine Realteilung der Versorgungsanrechte im Fall der Ehescheidung vorsieht.

Das Amtsgericht hat das mitgeteilte Deckungskapital in einer entsprechende dynamische Rente von 4,82 DM umgerechnet und zum Ausgleich diese Anwartschaft neben der erwähnten Übertragung von Anwartschaften nach § 1587 b Abs. 1 BGB wie folgt entschieden:

Zu Lasten der für den Antragsgegner bei der Sparkassen Versicherung, Öffentliche Lebensversicherungsanstalt Hessen Nassau Thüringen, 65185 Wiesbaden, Geschäftsnummer 90-8571037-5, bestehenden Versorgungsanwartschaften werden durch Realteilung auf das Versicherungskonto für die Antragstellerin bei der Landesversicherungsanstalt Hessen, Konto-Nr. 12 210968 K 574, Rentenanwartschaften aus der Ehezeit, die am 31.01.1998 abgelaufen war, in Höhe von monatlich 2,41 DM begründet.

Mit ihrer Beschwerde rügt die Beschwerdeführerin, daß wegen der Realteilung keine Rentenanwartschaften bei ihr begründet werden könnten.

Die alle Form- und Fristerfordernisse wahrende Beschwerde ist begründet.

Nach der von der weiteren Beteiligten zu 3. erteilten Auskunft läßt der Geschäftsplan eine Realteilung der erworbenen Anwartschaften aus dem Lebensversicherungsvertrag im Falle der Scheidung zu. Die Durchführung der Realteilung nach § 1 Abs. 2 VAHRG kann nur in der Weise geschehen, daß für den Ausgleichsberechtigten ein Anrecht außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung begründet wird. Der Berechtigte erwirbt dann unmittelbar ein Anrecht gegenüber dem Versorgungsträger, dem auch der Verpflichtete gegenüber anspruchsberechtigt ist. Dies hat das Amtsgericht bei seiner Entscheidung nicht beachtet, wobei der unrichtige Tenor offenbar unter Benutzung eines Computerprogramms zustande gekommen ist.

Anhand der bisher vorliegenden Unterlagen kann allerdings über die Realteilung noch nicht abschließend entschieden werden. Die Ausgestaltung der Realteilung im einzelnen bestimmt sich nach den Regelungen über das auszugleichende und das begründende Anrecht (§ 1 Abs. 2 Satz 2 VAHRG). Hiernach richtet sich insbesondere, welche Rechte dem Ausgleichsberechtigten gegenüber dem Träger der Versorgungslast nach Durchführung der Realteilung im einzelnen zustehen. Hier sind noch von der weiteren Beteiligten zu 3. die einzelnen Bestimmungen über die Durchführung der Realteilung vorzulegen. Erst mittels der Kenntnis der Ausgestaltung der Realteilungsregelung bei der weiteren Beteiligten zu 3. im einzelnen ist das Familiengericht in die Lage versetzt zu prüfen, ob die Realteilungsregelung die Mindestanforderungen erfüllt, die nach dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs zu fordern sind (vgl. dazu Palandt-Dieterichsen BGB 58. Aufl. Anhang III. zu § 1587 b Rdnr. 5 m.w.N.).

Nur dann, wenn diese Mindestanforderungen nicht erfüllt sind, könnte es anstelle der Durchführung zur Realteilung zu einer Begründung von Rentenanwartschaften bei der Beschwerdeführerin kommen, da es sich bei der weiteren Beteiligten zu 3. um eine öffentlich-rechtlich organisierte Anstalt handelt (§ 1 Abs. 3 VAHRG).

Dem Senat erschien es zweckmäßig, dem Amtsgericht die weiteren Ermittlungen zu überlassen, so daß die Sache insoweit zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen war.

Die Zurückverweisung betrifft nicht den Ausgleich von Rentenanwartschaften nach 1587 b Abs. 1 BGB in Höhe von monatlich 6,86 DM. Dieser Teil der Entscheidung ist nicht angefochten, da sich die Beschwerde zulässigerweise gegen einen abtrennbaren Teil der Versorgungsausgleichsentscheidung richtet.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten folgt aus § 8 GKG. Über außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens ist durch das Amtsgericht mit der abschließenden Entscheidung zu befinden.

Die Wertfestsetzung folgt aus § 17 a GKG.

Noll Schweitzer Michalik