Schwamb zu BGH XII ZB 234/03 vom 26. Januar 2005: Kindergeld ist Einkommen, wenn ... ?!

Kindergeld ist Einkommen, wenn... ?!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

im Anschluss an die kürzlich weitergeleitete Entscheidung des BGH vom 9.2.2005 zur Berücksichtigung des Kindergeldes als Einkommen, die auf einer Entscheidung des 5. Familiensenats des OLG Ffm. beruhte, sende ich im folgenden die darin zitierte Grundsatzentscheidung des BGH vom 26.1.2005, die eine umfangreichere Begründung enthält. Insbesondere setzt sich diese Entscheidung auch mit den von Herrn Rust in seinem Vortrag beim Großen Senat kürzlich dazu geäußerten Bedenken auseinander, dass Kindergeld nach den neuen SGB II und XII als Einkommen des Kindes gilt. Dies gilt aber nur, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts benötigt wird. Darüber hinaus - so der BGH - sei es weiter Einkommen der Eltern. Der BGH führt dann aus, dass selbst bei entsprechenden Unterhaltsleistungen etwa in Höhe des Freibetrages der (alten) VO zu § 115 ZPO, der aber 135 % der zweiten Altersstufe unterschreitet, das Kindergeld noch als Einkommen heranzuziehen sei, weil der Differenzbetrag (zwischen den 135 % und dem PKH-Freibetrag) auf die anteiligen bei der Mutter sowieso abzugsfähigen Wohnkosten entfalle.

Bleibt also die Frage offen, wie der BGH nun entschieden hätte, wenn es um ein Kind der dritten Altersstufe mit dem deutlich höheren 135%-Bedarf von 384 ¤ gegangen wäre, falls der Unterhaltszahlbetrag dennoch die (damals maßgeblichen) 253 ¤ PKH-Freibetrag zwar erreicht, aber nicht überschritten hätte. Dann hätte der BGH nämlich entscheiden müssen, ob zur Füllung der nun auch für die anteiligen Wohnkosten des Kindes zu großen Lücke zwischen 384 ¤ und 253 ¤ das Kindergeld doch anteilig für das Kind benötigt wird. Mit der Erhöhung des PKH-Freibetrages auf nunmehr 311 ¤ entschärft sich die Frage zwar wieder, die Differenz zu 384 ¤ ist aber immer noch größer als der häufig mit 15 % angenommene Wohnkostenbedarf des Kindes (Beispiel: Bedarf eines 14j. Kindes 384 ¤, davon 15 % = 58 ¤ Wohnbedarf, Restbedarf 326 ¤. Vater zahlt an betreuende Mutter 384 ¤ - 77 ¤ Kindergeldanteil = 307 ¤. Das heißt, die betreuende Kindesmutter darf ihr Einkommen wegen des Freibetrages von 311 ¤ zwar noch um 4 ¤ bereinigen, müsste sich aber dann das Kindergeld in voller Höhe als Einkommen zurechnen lassen, wenn man nicht der Meinung wäre, jedenfalls der um den Wohnanteil bereits gekürzte o.g. Restbedarf von 326 ¤ - 311 ¤ = 15 ¤ werde auch noch für den Bedarf des Kindes benötigt. Bei einem 18j. Schulkind, sofern man auch hier die 135 % der Altersstufe 4 grundsätzlich für erforderlich hält, der Vater aber in einem Mangelfall z.B. nur 311 ¤ zahlen kann, sähe es wie folgt aus: Bedarf des Kindes 442 ¤, davon Wohnbedarf 66 ¤, Restbedarf 376 ¤. Davon sind nur gedeckt und gleichzeitig Freibetrag für PKH die o.g. 311 ¤. Benötigt das Kind jetzt nicht noch 65 ¤ "seines" Kindergeldes?

Die Diskussion ist eröffnet. Ein schönes Osterei, oder nicht ?

Frohe Ostern!

Werner Schwamb