 | Leitsatz Eine
fehlerhafte Willensbildung des Gerichts - hier: bei Durchführung des
Versorgungsausgleichs unter Verwendung eines familienrechtlichen
Computerprogramms - kann nicht entsprechend § 319 ZPO korrigiert
werden.
- A.
Problemstellung Berechnungen
zur Durchführung des Versorgungsausgleichs erfolgen bundesweit fast nur
noch unter Zuhilfenahme von Computerprogrammen.
Bei der Anwendung kommt es zu unzutreffenden Eingaben und als Folge
hiervon zu Ergebnissen, die mit der materiellen Rechtslage
nicht übereinstimmen. Da reine Rechenfehler aufgrund der Verwendung
eines Computers nicht unterlaufen können stellt sich die
Frage, inwieweit unzutreffende Eingaben und als Folge hiervon
unrichtige Ergebnisse nachträglich korrigiert werden können.
- B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung Im
konkreten Fall hat das FamG in einem nach § 628 ZPO abgetrennten
Verfahren den Versorgungsausgleich durch Beschluss entschieden. Bei der
erforderlichen systemangleichenden Umrechnung
eines Anrechts der zum Ausgleich berechtigten Ehefrau mit Hilfe der
BarwertVO wurde die Tabelle 1 zu Grunde gelegt, obwohl
die Ehefrau schon Leistungen aus dieser Betriebsrente bezog. Nachdem
die Entscheidung unanfechtbar geworden war, erkannte
das FamG seinen Fehler, stellte eine neue Berechnung unter Verwendung
von Tabelle 7 der BarwertVO an und berichtigte seinen
ersten Beschluss entsprechend dieser Neuberechnung. Die Ehefrau hat
binnen Monatsfrist nach Zustellung Rechtsmittel eingelegt
und dies begründet.
Das OLG stellt zunächst fest, dass auch
Beschlüsse im FGG-Verfahren einer Berichtigung in entsprechender
Anwendung von § 319 ZPO zugänglich sind. Zwar sieht § 18 FGG eine
Abänderung früherer Entscheidungen vor. Im Gegensatz zur Berichtigung
handelt es sich bei dieser Änderung jedoch um
eine inhaltliche Änderung, die nicht zulässig ist, wenn die
Entscheidung der sofortigen Beschwerde unterliegt. Schreibfehler,
Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten können jederzeit
von Amts wegen berichtigt werden. Mit Hilfe dieser Bestimmung
kann aber nur eine versehentliche Abweichung zwischen dem vom Gericht
Erklärten und dem von ihm Gewollten korrigiert werden,
nicht aber eine unzutreffende Willensbildung. Die Anwendung einer
bestimmten Tabelle der BarwertVO ist aber keine offenbare
Unrichtigkeit. Zwar könne es auch bei Verwendung von Computerprogrammen
zu erkennbaren Eingabefehlern kommen, die dann einer
Berichtigung zugänglich sind. Bei der Anwendung einer bestimmten
Tabelle handelt es sich nicht um eine fehlerhafte Eingabe,
vielmehr liegt ein Rechtsanwendungsfehler vor. Aufgrund der Vorschrift
des § 18 Abs. 2 FGG ist eine Korrektur nur durch ein Rechtsmittel oder
in einem späteren Korrekturverfahren nach § 10a VAHRG zulässig. Gegen
eine gesetzwidrige Abänderung findet das Rechtsmittel Anwendung, das
gegen die Entscheidung selber gegeben
wäre. Das Rechtsmittel beschränkt sich auf die Prüfung, ob eine
offensichtliche Unrichtigkeit vorliegt, eine materielle Änderung
der Entscheidung ist ausgeschlossen.
- C.
Kontext der Entscheidung Die
Entscheidung bestätigt erneut die in Literatur und Rechtsprechung
einheitlich bestehende Rechtsansicht, dass trotz Fehlens
einer ausdrücklichen Vorschrift auch im FGG-Verfahren eine Berichtigung
in entsprechender Anwendung des § 319 ZPO zulässig ist (
BGH, Beschl. v. 09.02.1989 - V ZB 25/88; Schmidt in:
Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl. 2003, §
18 Rz. 62).
Anerkannt ist auch, dass auch bei Verwendung
eines Computerprogramms offensichtliche Unrichtigkeiten entstehen
können, die
einer Berichtigung unterliegen (
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.10.2002 - 2 UF 98/02; OLG Bamberg, Beschl.
v. 15.10.1997 - 2 WF 115/97). Zu beachten ist die nachträgliche
Berichtigung des Endes der Ehezeit im Abänderungsverfahren des § 10a
VAHRG, wenn das FamG eine fehlerhafte Zustellung seiner Ermittlung und
Entscheidung zu Grunde gelegt hat (Subsumtionsfehler), eine
korrekte und wirksame Zustellung aus der Akte jedoch feststellbar ist
(BGH Beschl. v. 11.02.2004 - XII ZB 162/02; m. Anm.
juris PR FamR 5/2004, Anm. 6, Scharnberg).
Fehlerhafte Rechtsanwendungen hingegen sind nur durch Rechtsmittel oder das in
§ 10a VAHRG vorgesehene Abänderungsverfahren zulässig.
- D.
Auswirkungen für die Praxis Entscheidungen
zum Versorgungsausgleich erwachsen in formelle und materielle
Rechtskraft, sind aber - ähnlich wie unterhaltsrechtliche
Entscheidungen (
§ 323 ZPO) - unter bestimmten Voraussetzungen einer späteren Abänderung
zugänglich. In der täglichen Praxis häufig sind die Fälle,
in denen unmittelbar nach einer Entscheidung eine neue, veränderte
Auskunft über ein zu berücksichtigendes Anrecht bei Gericht
eingeht. Das Gericht darf seine Entscheidung jetzt nicht abändern, auch
wenn feststeht, dass die zugrunde gelegte ursprüngliche
Auskunft unrichtig war. Vielmehr müssen die Beteiligten - insbes.
Renten- und Beamtenversicherungsträger - oder die Parteien
die Korrektur durch Rechtsmittel nach § 621e ZPO herbeiführen. Wird
dies versäumt, kann trotzdem eine Korrektur in fast allen Fällen
erreicht werden, jedoch erst, wenn die
zeitlichen und sachlichen Voraussetzungen nach § 10a VAHRG gegeben
sind.
Auch bei Verwendung von Computerberechnungen
können offenkundige und damit einfach korrigierbare Fehler unterlaufen.
Typisch
sind Zahlendreher oder aber Werteingaben, bei denen erkennbar die
Dezimalstellen als volle Zahl eingegeben wurden oder die
eingegebenen Werte erkennbar unrichtig sind. Wichtig ist aber stets,
dass es sich zweifelsfrei um Schreibfehler, Rechnungsfehler
oder ähnliche offenbare Unrichtigkeiten handelt. Nicht unter diese
Regelung fallen übrigens Übertragungsfehler im Schreibdienst,
da diese Mängel nicht durch den Richter, sondern den Urkundsbeamten der
Geschäftsstelle zu berichtigen sind. Die Berichtigung
ist nicht fristgebunden, sie kann jederzeit erfolgen, sobald der Mangel
erkannt wird. Es bedarf hierfür keines Antrages, da
die Berichtigung auch von Amts wegen erfolgen kann. Da das Rechtsmittel
gegen die fehlerhafte Entscheidung fristgebunden ist,
muss darauf geachtet werden, dass diese Frist nicht zwischenzeitlich
abläuft. Um dies zu vermeiden sollte im Zweifel Rechtsmittel
eingelegt werden, denn eine Berichtigung kann auch durch das
Rechtsmittelgericht erfolgen (
BGH, Beschl. v. 18.07.2001 - XII ZR 66/99; BGH, Beschl. v. 11.02.2004 -
XII ZB 162/02).
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