Anwendungsmöglichkeiten, Darstellung, Akzeptanz und Rechtmäßigkeit von Ergebnissen elektronischer Expertensysteme in richterlichen Entscheidungen (hier: WinFam)


Verwertung von Berechnungsergebnissen in Entscheidungen

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht 4. Senat für Familiensachen;  Aktenzeichen:   13 UF 99/00
Entscheidungsdatum: 21.12.2000; Urteilsaufhebung wegen Verfahrensmangels: Ausdruck eines Computerprogramms als Urteilsbegründung
Fundstellen: SchlHA 2001, 174-175 (red. Leitsatz und Gründe)
OLGR Schleswig 2001, 165-166 (red. Leitsatz und Gründe)

"Ein Urteil leidet an einem wesentlichen Mangel, der zur Aufhebung nach ZPO § 539 berechtigt, wenn es nur formal Entscheidungsgründe hat, tatsächlich aber inhaltlich keine eigenständige nachvollziehbare und begründete Entscheidung des Gerichts darstellt, weil es sich im
wesentlichen auf den Ausdruck eines Computerprogramms (hier: Computerprogramm zur Unterhaltsberechnung) beschränkt."


Gericht: OLG Frankfurt vom 10.10.2005 (3 UF 202/05)
Fundstelle: http://www.hefam.de/urteile/3UF20205.html

"Der für rechtsmittelfähige Beschlüsse geltende Begründungszwang und das Unterschriftsgebot verlangen als Bestandteil einer geordneten Rechtspflege, dass die Berechnung zur Höhe des Versorgungsausgleichs tragender und nachvollziehbarer Teil der Begründung der Entscheidung sein muss. Verweise auf außerhalb des geschlossenen Textkörpers liegende und als Anlage zum Beschluss genommene Ausdrucke einer computerunterstützten Berechnung des Gerichts, die ergänzende, die Begründung der Entscheidung mit tragende Textbestandteile des Beschlusses enthalten, sind unzulässig."


Gericht: OLG Zweibrücken Senat für Familiensachen
Entscheidungsdatum:    12.06.2003
Aktenzeichen:    6 WF 91/03
Fundstelle: FamRZ 2004, 1735 (Leitsatz und Gründe)

"Die Beifügung des Computerausdrucks eines Unterhaltsberechnungsprogramms entbindet das Familiengericht nicht von seiner Pflicht, in seiner Entscheidung die Berechnung des Unterhaltsanspruchs auf eine übersichtliche und - insbesondere für die Parteien - aus sich selbst heraus verständliche Weise darzustellen. Die Ergebnisse eines Berechnungsprogramms sind zudem in jedem Einzelfall darauf zu überprüfen, ob die Programmparameter noch den aktuellen Gesetzes- und Rechtsprechungsvorgaben entsprechen."

Gericht:    OLG Köln Senat für Familiensachen
Entscheidungsdatum:    13.04.2006
Aktenzeichen:    14 WF 60/06
Fundstellen: FamRZ 2006, 1044-1045 (Leitsatz und Gründe)
OLGR Köln 2006, 506-507 (red. Leitsatz und Gründe)

"Die Berechnung des Unterhalts durch eine computergestützte Berechnung (z.B. nach Gutdeutsch) ist grundsätzlich schlüssig. Es kann auch dann Prozesskostenhilfe nicht insgesamt versagt werden, wenn das Gericht gegen die schlüssige Darlegung einzelner Punkte (z.B. des Realsplittingvorteils) Bedenken hat. Ob die eingesetzten Beträge zutreffen, ist Sache des erkennenden Gerichts."

Gericht:    OLG Hamm 13. Senat für Familiensachen
Entscheidungsdatum:    19.12.2000
Aktenzeichen:    13 UF 132/00
Fundstelle:     FamRZ 2001, 1161

"Enthält ein Urteil zur Bemessung der Höhe des Kindes- und des Trennungsunterhalts nur seitenlange Berechnungen eines Computerprogramms ohne irgendeine Erläuterung, ist das Urteil nicht ausreichend begründet. Das erstinstanzliche Verfahren leidet daher an einem wesentlichen Verfahrensmangel iSv ZPO § 539 ."

Fehlerkorrektur nach § 319 ZPO oder Rechtsmittel bei fehlerhafter Anwendung ?

Gericht:    Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken 1. Senat für Familiensachen
Entscheidungsdatum:    01.06.2004
Aktenzeichen:    6 UF 2/04
(falsche Tabelle der BarwertVO)
Fundstellen:     OLGR Saarbrücken 2004, 485-486 (Leitsatz und Gründe)
MDR 2005, 47 (Leitsatz und Gründe)

"Eine fehlerhafte Willensbildung des Gerichts - hier: bei Durchführung des Versorgungsausgleichs unter Verwendung eines familienrechtlichen Computerprogramms - kann nicht entsprechend § 319 ZPO korrigiert werden."
Anmerkung zu:    OLG Saarbrücken 1. Senat, Beschluss vom 01.06.2004 - 6 UF 2/04
Autor:    Dr. Peter Friederici, Vors. RiOLG


Gericht:    OLG Karlsruhe Senat für Familiensachen
Entscheidungsdatum:    25.10.2002
Aktenzeichen:    2 UF 98/02
Fundstellen: OLGR Karlsruhe 2003, 43-44 (red. Leitsatz und Gründe)
MDR 2003, 523 (red. Leitsatz und Gründe); FamRZ 2003, 776-777 (Leitsatz und Gründe)

"1. Ein Beschluss über die Regelung des Versorgungsausgleichs ist offenbar unrichtig i.S.v. § 319 ZPO , wenn dem Familiengericht bei Eingabe des Betrages für die Rentenanwartschaft des ausgleichspflichtigen Ehegatten in das verwendete Computerprogramm ein Fehler unterlaufen ist.

2. Anstelle des Antrags auf Berichtigung ist ein Rechtsmittel zur Berichtigung der Unrichtigkeit eines Urteils bzw. Beschlusses dann als zulässig anzusehen, wenn es sich nicht zweifelsfrei um eine offensichtliche Unrichtigkeit der fehlerhaften Entscheidung handelt, die nach § 319 ZPO korrigiert werden könnte. Dies ist der Fall, wenn weder aus dem Tenor der Entscheidung des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich noch aus den (lediglich in der Wiedergabe des Computer-Rechenprogramms bestehenden) Gründen ohne weiteres erkennbar ist, dass die Berechnung der Rentenanwartschaft auf der Eingabe einer falschen Zahl beruhte. "