Thema des Monats November 2005


Rechnen kann der Computer, Denken sollte der Mensch!


Bei der beigefügten Berechnung des Familiengerichts ist zunächst der Text des Computer-Aus­drucks durcheinander geraten. Weiterhin wurden dann aber auch die Anpassungen der zu berücksichtigenden Betriebsrente gem. § 16 BetrAVG außer Ansatz gelassen und schließ­lich wurde nicht geprüft, ob die Durchführung des Versorgungsausgleichs ent­spre­chend der Vorgabe des Computers sinnvoll ist.


  1. Ein Druck auf die falsche Taste des Computers führte dazu, dass die be­trieb­li­che Versorgung des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für An­ge­­stellte besteht !!!!!!
  2. Die betriebliche Versorgung des Antragstellers wird gem. § 16 Abs. 1 BetrAVG nach jeweils drei Jahren entsprechend der Preisentwicklung ange­passt. Eine solche Anpassung ist höher als die vom BGH als volldynamisch be­zeich­nete Anpassung nach § 16 Abs. 3 BetrAVG in Höhe von 1 % pro Jahr (FamRZ 2004, 1.474 ff). Nach den mir vorliegenden Entscheidungen der Ober­lan­desgerichte (vgl. dazu auch entsprechende Ent­schei­dungen der OLG Zwei­brücken, 5 UF 28/03; Nürnberg, FamRZ 2004, 883; Stuttgart, 18 UF 62/2004; Köln, 12 UF 27/04, Frankfurt, 6 UF 221/04) ist die betriebliche Versorgung des Antragstellers im Leistungszeitraum als dynamisch zu bewerten, der Bar­wert­faktor der Tabelle 1 BarWVO ist um 65 % zu erhöhen.
  3. Die Antragsgegnerin war Beamtin, sie bezieht eine beamtenrechtliche Pension wegen Dienstunfähigkeit. Auch in diesem Zusammenhang hat der Computer dem Familiengericht einen Streich gespielt: Eine Beitragszahlung gem. § 3 b I Nr. 2 VAHRG zur gesetzlichen Rentenversicherung wäre im vorliegenden Fall sehr wohl möglich. Eine solche Beitragszahlung kommt nur dann nicht in Be­tracht, wenn der Berechtigte eine Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Ren­tenversicherung bezieht.
  4. Im vorliegenden Fall ist der schuldrechtliche Ausgleich für die aus­gleichs­be­rech­tigte, 50-jährige Ehefrau weitaus wirtschaftlicher als der öffentlich-recht­li­che Wertausgleich:
    1. Die schuldrechtliche Ausgleichsrente errechnet sich aus dem Nominalbetrag der Betriebsrente, sie beträgt entsprechend den Berechnungen des Familien­ge­richts EUR 12.363,97 : 12 : 2 = EUR 515,17.

      Die in der gesetzlichen Rentenversicherung entstehende, öffentlich-rechtlich aus­geglichene Rente, beläuft sich auf EUR 220,29 + EUR 46,90 = EUR 267,19.

    2. Die beim öffentlich-rechtlichen Wertausgleich entstehende gesetzliche Rente kann erst zum Alter 65 der Antragsgegnerin geltend gemacht werden, weil die Vor­aussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. für eine vorgezogene Altersrente weder erfüllt sind noch erfüllt werden kön­nen.

      Da der 65-jährige Antragsteller die Betriebsrente bezieht und die 50-jährige An­tragsgegnerin gleichfalls Pensionärin ist, kann die schuldrechtliche Aus­gleichs­rente sofort, also 15 Jahre vor dem Bezug der gesetzlichen Rente ver­langt werden. Bei einem Ersatzzins von 4,5 % beträgt der Barwert der schuldrechtlichen Ausgleichsrente EUR 92.514,-- während der Barwert der beim öffentlich-rechtlichen Wertausgleich entstehenden gesetzlichen Rente EUR 17.452,-- beträgt.

  5. Die Antragsgegnerin muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass die Wei­terzahlung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente durch den Betrieb im Falle des Vorversterbens des Ehemanns entfällt, wenn die Antragsgegnerin eine neue Ehe eingeht (bestehende Wiederverheiratungsklausel in der Versor­gungs­zusage).

Karlsruhe, 1. November 2005


Rainer Glockner