Thema des Monats April 2005:

Dynamik von betrieblichen Anrechten des BVV


Der BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes weist derzeit die Familiengerichte da­rauf hin, dass die beim BVV bestehenden betrieblichen Versorgungsanrechte nicht mehr als volldynamisch bewertet werden können. Hierzu lässt sich gleichermaßen wie zu ähn­lich finanzierten betrieblichen Versorgungsanrechten folgendes feststellen:


1. Die Leistungen aus den beim BVV bestehenden Versorgungszusagen werden im Anwartschaftsdeckungsverfahren finanziert. Bei einem solchen Verfahren wird dasjenige Kapital angespart, das zur Finanzierung der zugesagten Leis­tung erforderlich ist. Der Kapitalbildung wird eine Verzinsung (sogenannter Rech­nungszins) zugrundegelegt, der vorsichtig geschätzt ist, weil auf die zu­ge­sag­ten Leistungen ein Rechtsanspruch besteht.


2. Die über den Rechnungszins hinaus erzielten Zinserträge (sogenannter über­rech­nungsmäßiger Zins) werden zusammen mit eventuell ersparten Verwal­tungs- und Risiko-Kosten den Versicherten in Form von Überschussrenten (beim BVV: Überschussrente, Anpassungszuschlag und Sonderzuschlag) gut­ge­bracht.


3. Die Höhe der überrechnungsmäßigen Zinserträge ist erkennbar von den je­wei­li­gen Kapitalmarktzinsen abhängig: Bei einem länger andauernden niedrigen Ka­pitalmarktzins mindern sich die Überschüsse aus überrechnungsmäßigen Zin­sen, was im vorliegenden Fall beim BVV dazu führt, dass die vorgenannten An­passungsrenten nur noch im beschränkten Maß gezahlt werden können. Er­schwe­rend kommt hinzu, dass die gleichzeitige Verlängerung der durch­schnitt­li­chen Rentenzahldauer aufgrund der älter werdenden Rentnergeneration zu wei­teren Einschränkungen der Überschüsse führt.


Zusammenfassend lässt sich zunächst feststellen, dass sich die Rech­nungs­grund­lagen, die nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 1992, 1.051) zu einer volldy­na­mischen Bewertung der beim BVV bestehenden Anrechte geführt haben, nicht mehr von Bestand sind.


4. Gem. § 1587 a Abs. 3 BGB ist ein Anrecht volldynamisch, wenn es hin­sicht­lich seiner Dynamik mit der Dynamik gesetzlicher Renten vergleichbar ist. Ent­sprechend dieser Bestimmung ist zum jetzigen Zeitpunkt ein beim BVV be­ste­hendes Anrecht (noch) als volldynamisch zu bewerten, weil die beim BVV be­stehenden Anrechte bis 2003, vergleichbar den Anrechten aus der gesetz­li­chen Rentenversicherung, angepasst wurden, und weil weiterhin die mit der Dy­namik von BVV-Anrechten zu vergleichenden gesetzlichen Renten sowohl im Jahr 2004 als auch im Jahr 2005 gleichermaßen keiner Anpassung unter­fie­len.


5. Im Jahr 2006 ist erneut zu prüfen, ob einerseits aufgrund der Entwicklung des Ka­pitalmarktzinses und andererseits aufgrund des Nachhaltigkeitsfaktors in der ge­setzlichen Rentenversicherung eine geänderte Beurteilung der Bewertung von BVV-Anrechten in Betracht kommt. Dabei ist auch zu beachten, dass im Rah­men einer möglichen Strukturreform des Versorgungsausgleichs die bis­he­ri­gen Bewertungsbestimmungen unterschiedlicher dynamischer Anrechte geän­dert werden.



Karlsruhe, 6. April 2005



Rainer Glockner