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Email-Frage zur Rechtsprechung des BGH vom 01.12.2004 (XII ZB 45/01)
[...]Dies gilt nun auch zu der jüngst übersandten BGH-Entscheidung zu
deckungskapitalfinanzierten Anwartschaften. Ich erlaube mir daher, Ihnen
eine Frage hierzu zu stellen, um mir zu dieser Frage Klarheit zu
verschaffen:

Die Frage der Eigenschaft einer Anwartschaft als dynamisch stellt sich nach
meinem bisherigen Verständnis nur bei der Ermittlung des Barwertes, der
wiederum die gleiche Kunktion hat wie ein Deckungskapital. Also brauche ich
doch in den Fällen, in denen mir vom Versorgungsträger ein Deckungskapital
mitgeteilt wird (insbesondere bei privaten Leibrentenversicherungen von
Lebensversciherungsunternehmen) keine Veränderung der bisherigen Rechenwege
vorzunehmen, oder? Das ehezeitliche Deckungskapital ist doch "nur" mit den
Rechengrößen der Rechengrößenverordnung umzurechnen (in Entgeltpunkte und
diese in eine Rentenanwartschaft).
Es wird hier zum Teil die Auffassung vertreten, die Lebenversicherungen
müßten nun erweitert Auskünfte erteilen, vor allem über die Höhe der sich
ergebenden Rente und deren Behandlung bzw. Anpassung. Bislang verwenden wir
für die Auskunftsersuchen das amtliche Formular VE 3, die meisten
Versicherungen machen hierin nur Angaben zur Berechnungsmethode I
(Ermittlung des ehezeitlichen Deckungskapitals). Dieses Ergebnis wird dann
in die weitere Berechnung des Familiengerichts eingestellt.

M.E. ist eine Berücksichtigung der neuen BGH-Entscheidung nur wichtig, wenn
das Deckungskapital nicht konkret genannt wird und lediglich eine (nicht
volldynamische) Rentenanwartschaft verauskunftet wird.

Ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie mir (und uns) bei dieser Fragestellung
Lösungshilfe bieten könnten.
 
 
Unsere Antwort:
 

Sehr geehrter Herr [...........],

 

zu Ihrem Email darf ich wie folgt Stellung nehmen:

 

Die Umrechnung bzw. Nichtumrechnung von ehezeitlichen Anrechten, denen ein Dec­kungs­kapital zugrunde liegt, ergibt sich aus dem Schema laut Anlage (PowerPoint). Dabei ist hin­sicht­lich Ihrer Frage zusätzlich festzustellen, dass nicht nur private Rentenanwartschaften son­dern auch betriebliche Versorgungsanwartschaften aus Pensionskassen, Direktver­si­che­run­gen und beitragsorientierten Versorgungen sowie (teil­weise) aus berufsständischen Ver­sor­gungen aufgrund eines gebildeten Deckungs­ka­pi­tals finanziert werden.

 

Wenn bei kapitalgedeckten Anrechten die Überschüsse sowohl für die volldynamische An­pas­sung im Anwartschaftszeitraum als auch im Leistungszeitraum ausreichen, sind solche An­rechte als volldynamisch zu bewerten (vgl. Ziff. 1 des Schemas). Hierzu gehören nach der Rechtsprechung des BGH Anrechte beim BVV und bei der Nestlé-Pensionskasse.

 

Bei privaten Rentenversicherungen und betrieblichen Direktversicherungen werden die er­wirt­schafteten Überschüsse im Regelfall zu einer Dynamisierung der lau­fenden Leistungen ver­wendet.

 

Soweit es sich um eine Anwartschaft auf zukünftige Leistungen aus einer privaten Ren­ten­ver­sicherung oder einer privaten Direktversicherung handelt, gilt also die Abfolge 1 → 1.2 → 1.2.1.

 

Bei einer bereits laufenden Rente, aus einer privaten Rentenversicherung oder einer be­trieb­lichen Direktversicherung, kommt es auf die Vertragsgestaltung an. Der Versicherte kann nämlich bspw. bestimmen, ob und wie die bei Rentenbeginn vorhandenen Über­schüs­se bzw. die nach Rentenbeginn entstehenden Überschüsse für die Dynamisierung der lau­fen­den Rente Verwendung finden. Wenn die vertraglich bestimmte Dynamik mehr als 1 % be­trägt, erfolgt entsprechend der Abfolge 2 → 2.1 keine Umrechnung. Andernfalls gilt die Ab­folge 2→ 2.2 → 2.2.1.

 

Mit freundlichen Grüßen aus Karlsruhe

 

Rainer Glockner