Rechtliche Voraussetzungen für Netze mit Richterarbeitsplätzen
Email des Vorsitzenden Richters am OLG Karl Friedrich Piorreck
im Rahmen der Mailingliste der Familienrichter "hefam"
1. Ein Netzwerk ist - egal, ob in erster, zweiter oder ...Linie - ein
Überwachungsinstrument. Das Hessische Personalvertretungsgesetz (HPVG) stellt
in § 74 Abs. 1 Nr. 17 auf die bloße Eignung der technischen Einrichtung zur
Überwachung ab und macht die Einführung, Anwendung, wesentliche Änderung oder
Erweiterung der technischen Einrichtung von der Zustimmung der
Personalvertretung abhängig.
§ 74 Abs. 1 Nr. 17 HPVG lautet:
"Der Personalrat hat, soweit nicht eine Regelung durch Gesetz oder Tarif
erfolgt, gegebenenfalls durch Abschluss von Dienstvereinbarungen, in sozialen
Angelegenheiten mitzubestimmen, insbesondere über
.....
17. Einführung, Anwendung, wesentliche Änderung oder Erweiterung von
technischen Einrichtungen, die dazu geeignet sind, das Verhalten oder die
Leistung der Beschäftigten zu überwachen "
Diese Regelung gilt über § 25 Abs. 2 des Hessischen Richtergesetzes
entsprechend für die Richterinnen und Richter.
2. Das Mitbestimmungsverfahren nach § 74 Abs. 1 Nr. 17 HPVG, aber auch
Vereinbarungen, die diesen Beteiligungstatbestand betreffen, setzen m.E.
zwingend und unverzichtbar voraus, dass zunächst eine Beschreibung der
technischen Einrichtung vorgelegt wird. Erst wenn wir genau wissen, welche
inhaltlichen Kontrollmöglichkeiten das Netz eröffnet und welche Daten durch
das Netz gewonnen werden, können wir den Umfang erkennen, in dem es
sich für eine Überwachung eignet und beurteilen, ob eine Zustimmung in Frage
kommt oder nicht und ob gegebenenfalls Raum für eine Vereinbarung vorhanden
ist.
Genaue Kenntnisse über die durch das Netz gewonnenen Daten sind im übrigen
auch im Hinblick auf den Datenschutz erforderlich.
3. Nach meinem Verständnis kann Gegenstand eines Mitbestimmungsverfahrens oder
einer Vereinbarung zwischen den Beteiligungspartnern ausnahmslos nur
rechtmäßiges/zulässiges Verwaltungshandeln sein; denn (auch) die
Verwaltung/Exekutive ist an Gesetz und Recht gebunden.
Die Personal- und Richtervertretungen haben im Rahmen ihrer Informations-,
Anhörungs-, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte und -pflichten auch darüber
zu wachen, dass keine technischen Einrichtungen eingeführt werden, die sich
auch zu unrechtmäßiger/unzulässiger Überwachung eignen.
4. Für die Rechtsprechung besteht nun einmal die Besonderheit, dass die
Überwachung (Beobachtung) in einem Teilbereich (z.B. Voten, Urteils- und
Beschlussentwürfe, interne Beratungsvermerke) unrechtmäßig/unzulässig ist.
Ungeachtet der - schon wegen des unterschiedlich ausgeprägten
Unrechtsbewusstseins leider nicht nur theoretischen - Missbrauchsproblematik
komme ich immer wieder zu dem Ergebnis, dass die Justizverwaltung eine
technische Einrichtung, die sich (auch) zu einer unrechtmäßigen/unzulässigen
Überwachung eignet, und sei es "nur" durch einen Administrator nach
einem Hindernislauf, nicht installieren darf.